Eine digitale Agenda für Bocholt?

Unternehmerfrühstück nimmt Mega-Trend Industrie 4.0 auf und versucht, Licht ins Dunkel zu bringen

Bis auf den letzten Platz war der große Saal des Bocholter Hotels Residenz besetzt. Über 80 Gäste, meist Unternehmer, wollten mehr erfahren über eine Entwicklung, von der ganz Deutschland derzeit spricht. Die Rede ist von der sog. Industrie 4.0. Viele Experten sprechen hier auch von einer vierten industriellen Revolution, die nach der Erfindung der Maschinen, nach der arbeitsteiligen Massenproduktion und nach der ersten Phase der Automatisierung nun eine neue digitale Epoche einleitet. Industrie 4.0 beschäftigt damit natürlich auch die Bocholter Unternehmer. Sie fragen sich, welche aktuelle Entwicklung sie erkennen und aufnehmen müssen.

Grund genug für den Unternehmerverband und die Wirtschaftsförderung, das Thema aufzugreifen. Ein Auftakt war nun das Unternehmerfrühstück mit Prof. Gerhard Juen, Dekan des Fachbereichs Wirtschaft und Informationstechnik an der Westfälischen Hochschule. Juen ist Elektrotechniker und Informatiker und beschäftigt sich mit praktischen Anwendungen der Informationstechnik.

Viele der unter den Überschriften „Industrie 4.0“ bzw. „Internet der Dinge" diskutierten Themen sind nicht unbedingt neu, sagt der Wissenschaftler. Die wichtigsten technologischen Voraussetzungen für Industrie 4.0 gäbe es im Grunde seit längerem. Allerdings hätten der technologische Fortschritt der vergangenen Jahre und nicht zuletzt eine deutliche Kostensenkung bei IT-Produkten der Entwicklung einen deutlichen Schub gegeben.

Auch wenn Prof. Juen ein Mann vom Fach ist, hielt er vor den Unternehmern keinen Fachvortrag. Sein Ziel war es, den interessierten Gästen praktische Anwendungsmöglichkeiten und gängige Begriffe der aktuellen Diskussion zu erläutern. Um Industrie 4.0 zu erklären, nutzt Juen gerne eine aktuelle Definition der Bundesregierung, die Industrie 4.0 in ihre Hightech-Strategie mit aufgenommen hat. Diese besagt, dass Kennzeichen der zukünftigen Industrieproduktion die starke Individualisierung der Produkte bei einer hoch flexibilisierten Produktion sind. Die frühzeitige Einbeziehung von Kunden und Geschäftspartnern in Design- und Wertschöpfungsprozesse sei ein entscheidendes Merkmal von Industrie 4.0. Doch was heißt das in der konkreten Umsetzung?

In einer Industrie-4.0-Produktion können zum Beispiel Werkstücke unmittelbar mit der Maschine kommunizieren, um dieser die benötigten Bearbeitungsschritte mitzuteilen. „Das müssen Sie sich vorstellen wie bei Ihrem Frisör. Der fragt ja auch Sie und nicht irgendeinen zentralen Koordinator, welche Behandlung Sie wünschen“, erläutert Juen. Hierzu seien die Werkstücke mit einem Funk-Chip ausgestattet, der sie darüber hinaus bis ans Ende ihres „Lebens" begleiten kann, um zu guter Letzt mit der passenden Information eine korrekte Entsorgung zu unterstützen. Richtig spannend wird es, wenn Maschinen untereinander kommunizieren. Beispielsweise, um die anfallende Arbeit eigenständig aufzuteilen, ohne dass hierzu eine zentrale Entscheidungsinstanz notwendig ist. Eine solche Autonomie ist ein wichtiger Baustein zukünftiger, flexibler Produktionssysteme zur Produktion zunehmend individualisierter Produkte.

Juen empfiehlt den Unternehmen einen pragmatischen Umgang mit Industrie 4.0: „Industrie 4.0 liefert eine Vielzahl von Anwendungsmustern, von denen jedes Unternehmen prüfen sollte, welches dieser Muster in sein Unternehmen passt.“ Dabei sollten nicht nur Ingenieure, sondern auch die Betriebswirte mit entscheiden, welche Anwendung einen wirklichen Nutzen bringt. Insgesamt ist das Thema Industrie 4.0. im Rahmen der allgemeinen Digitalisierung der Welt auch für die Region ein wichtiges Thema. „Bund und Land geben bei diesen Themen aktuell vielfältige Impulse, die wir aufgreifen sollten“, so Juen.

Jürgen Paschold vom Unternehmerverband nahm die Anregungen gerne auf. Der Unternehmerverband werde sich in den kommenden Monaten weiterhin intensiv mit dem Thema Industrie 4.0 beschäftigen, um den Betrieben praktische Hilfestellungen geben zu können. So gäbe es auch einschneidende Konsequenzen für die Arbeitsorganisation und Personalarbeit. Schließlich müsse Industrie 4.0 von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch umgesetzt werden. Paschold kündigte an, deswegen zu diesem Thema das 9. Bocholter Personalforum im Juni dieses Jahres durchzuführen.

Unternehmerfrühstück: Professor Gerhard Juen von der Westfälischen Hochschule im Gespräch mit Jürgen Paschold vom Unternehmerverband (Foto: Unternehmerverband)

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