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Weiterlesenvoestalpine Rail Center in Duisburg / Gleissysteme für den Tunnelbau
Ein Naherholungsgebiet in Duisburg, forstwirtschaftlicher Verkehr, ein Reha-Zentrum, Tempo 30 wegen Krötenwanderung, Spaziergänger. Entlang der schnurgeraden Straße blitzen aber hier und da auch Kranaufbauten, meterhohe Stahlstapel und Arbeiter durch die Bäume hindurch. Ein Industriebetrieb mitten im Wald? Es ist eines der größten Schienenschweißwerke Deutschlands, die voestalpine Rail Center Duisburg GmbH. Am Lintorfer Waldweg werden auf dem rund 2,5 Kilometer (!) langen Betriebsgelände Bahnschienen bearbeitet, geschweißt und konfektioniert. „Wir können hier bis zu 360 Meter lange Schienen fertigen und verladen. Neben unserem Know-how und der Erfahrung ist es genau dieser apparative Aufbau unserer Fertigungsvorrichtungen, der unser Alleinstellungsmerkmal ist“, erläutert Ralf Ziegler, Betriebsleiter und Prokurist des Duisburger voestalpine-Werkes.
Technologiekonzern gehört zu den Global Playern
Das Rail Center Duisburg gehört seit 2007 zu dem auf allen fünf Kontinenten tätigen österreichischen Technologiekonzern voestalpine AG mit weltweit rund 500 Gesellschaften und über 48.000 Mitarbeitern. Während die Gruppe sowohl bei Schienen als auch bei Weichen einschließlich Signaltechnik zu den Global Playern zählt, kommen einem Rail Center entscheidende regionale Verbindungsfunktionen in der Liefer- und Dienstleistungskette hin zum Kunden zu: Der Betrieb von Hochleistungsschweißwerken, allgemein die gesamte Neu- und Altschienenbearbeitung mit der erforderlichen äußersten Präzision, und in Duisburg als besondere Spezialität die innovative Tunnel Track Technology und Kranbahnsysteme. „Alles zusammen eine höchstwertige Servicepalette im Verein mit punktgenauer Logistikeffizienz“, fasst Ziegler zusammen.
Größter deutscher Kunde von voestalpine ist die Deutsche Bahn. Bis zu 2.000 ihrer im Jahr verbauten rund 3.500 Kilometer Schiene fertigt das Duisburger Werk. Das Ausgangsmaterial kommt von allen namhaften Schienenlieferanten Europas und mit einem großen Anteil von der voestalpine Schienen GmbH aus Österreich, einem der leistungsstärksten Schienenwalzwerke in Europa bzw. der modernsten weltweit. Neben den Standardlängen, die von voestalpine Rail Center konfektioniert und zu Bändern zusammengeschweißt werden, sind die Sonder- und Passschienen aus Duisburg gefragt. „Vor Weichen, nach Bauwerken oder bei Anschlusspunkten werden abweichende Längen oder Höhen benötigt, die wir hier fertigen und im Baukastenprinzip – just-in-time und passend zum Baufortschritt – an die Baustellen liefern“, erläutert Ziegler. Mit ihren Längen, die bis zu drei Fußballfeldern entsprechen, ist der Transport der Schienen eine logistische Meisterleistung, wobei sich die Schienen trotz ihrer massiven Beschaffenheit wie Spaghetti um die Kurve schlängeln können. „Das Material und jede Schiene muss den Spagat meistern, fest, zugleich aber federnd und verformbar zu sein“, erläutert Ziegler, der von Haus aus Ingenieur ist und als Betriebsleiter mehrerer voestalpine-Werke, seit 2012 auch in Duisburg, tätig ist.
Königsdisziplin ist das Richten der Schienen
Ein Standbein – trotz fallender Preise für Neuschienen – ist die Aufarbeitung von Altschienen, um sie wieder vollwertig einzusetzen. Dazu werden die Schienen zunächst im noch verbauten Zustand gesichtet. In Duisburg dann werden sie sortiert, auf Länge geschnitten, im Profil gerichtet, zusammengeschweißt, entgratet, gefräst und geschliffen. „Neben der visuellen Kontrolle prüfen wir sie auch per Ultraschall und mit einer Laser-Ebenheitsmessanlage“, erläutert Ziegler.
Hunderte Meter lange Rollgänge auf dem Werksgelände und alle 30 Meter auf Schienen laufende Portalkräne sorgen dafür, dass die bis zu 60 Kilogramm pro Meter schweren Schienen wie von Zauberhand den einzelnen Bearbeitungszentren zugeführt werden. Von den insgesamt 60 Mitarbeitern erledigen die besonders erfahrenen das Richten der Schienen, „sozusagen unsere Königsdisziplin“, findet Ziegler, der seinen Arbeitern dort ein goldenes Händchen und ein besonders gutes Auge attestiert. Mit dem Joystick bedienen diese die Richtmaschinen und bringen den massiven Strang mit Druck von den Seiten und ordentlich Geschwindigkeit ganz schön zum Wedeln.
Präzision für den Fahrkomfort gefragt
An einem der nächsten Bearbeitungszentren erhitzen Gasflammen computergesteuert den mittleren Steg der Schiene gezielt so, dass er präzise auf Höhe gestaucht werden kann. Während das Profil der Laufschiene, also der obere Teil, dabei unberührt bleiben muss, kann der Höhenunterschied zur nächsten benötigten Schiene so angepasst werden. „Nicht nur bei den Höhenunterschieden, sondern insbesondere bei der Fahrkante, also jeweils innen, ist Präzision gefragt. Denn ruckelnde Züge und laute Fahrgeräusche wegen ungenauer Schienenverbindungen gehören schon lange der Vergangenheit an“, erläutert Ziegler. Stand der Gegenwart hingegen ist, dass Schienen über so genannte „Isolierstöße“ auch elektrisch voneinander isoliert sind, um etwa hinwegfahrende Radsätze zu zählen. Die Isolierstöße werden von den voestalpine-Mitarbeitern von Hand verklebt und verschraubt, wozu ein überdimensionaler Schraubendreher nötig ist. Trepp-auf, Trepp-ab geht es dann weiter über die Rollgänge, um ins „Herz“ des Schweißwerks zu gelangen: Vollautomatisch und funkensprühend werden die Schienen in einem Schritt verschweißt und entgratet.
Relativ neu von voestalpine am Standort übernommen ist das Geschäftsfeld Kranbahn- und Gleissysteme für den Tunnelbau. Temporär werden beim Tunnelvortrieb Systeme gebraucht, um die Baustellenlogistik hin-, und den Abraum abzutransportieren. Aktuell arbeitet voestalpine dazu u. a. einen Auftrag in Israel ab; Vorzeigeprojekte sind zum Beispiel der St. Gotthard-Basistunnel, der mit 57 Kilometer längste Eisenbahntunnel der Welt, Stuttgart 21 und andere Anwendungen wie etwa die 23 Kilometer langen Triebwasserstollen im schweiz-österreichischen Gemeinschaftskraftwerk an der Tiroler Grenze. „Für den Tunnelbau liefern wir nicht nur die Schienen, sondern komplette Gleisjoche.“ Diese mit Stegen fertig montierten Schienenelemente – wie man sie laienhaft vom Modelleisenbahnbau her zum Zusammenstecken kennt – haben ihre Lebensdauer nach einer Verwendung längst nicht erreicht, sodass sie für mehrere Einsätze immer wieder neu zusammengebaut werden.
65 Jahre altes Werk liegt direkt an der Gleisstrecke
Inzwischen 65 Jahre alt, aber hochmodern, ist das Werk, das als „Rheinstahl Wanheim“ zunächst nur für die Aufarbeitung von Schienen gegründet wurde. Direkt an der Gleisstrecke Duisburg – Düsseldorf gelegen wird auch heute weniger für Neustrecken gefertigt als vielmehr für die Instandhaltung bestehender Gleise. Während in den 1950er-Jahren Duisburg mit seiner Schwerindustrie und wegen seiner Walzwerke der bevorzugte Standort war, kommen die Schienen heute aus europäischen Nachbarländern. „Doch noch immer ist der Westen Deutschlands mit seinem engen Gleisnetz ein wesentlicher Standortfaktor. Richtig gut wäre es, wenn die Politik es künftig ernsthaft will und veranlasst, mehr Güter und Frachten von der Straße auf die Schiene zu bringen“, ist Zieglers Wunsch für eine leistungsfähigere Infrastruktur in Deutschland.
Jennifer Middelkamp
Info:
voestalpine Rail Center Duisburg GmbH
Lintorfer Waldweg 501a
47249 Duisburg
0203 99818-0 www.voestalpine.com/rcd
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