- Startseite
- Profil
- Einzelverbände
- Soziale Dienste und Bildung
- Über den Verband
- Kirchlicher Dienstgebertag 2015
Kirchlicher Dienstgebertag 2015
„Was nun, Herr Bsirske?“ lautete das Thema des Zweiten Kirchlichen Dienstgebertages des Unternehmerverbandes Soziale Dienste und Bildung und des Caritasverbandes für das Bistum Essen in Kooperation mit dem Bund Katholischer Unternehmer (BKU) im HAUS DER UNTERNEHMER, an dem natürlich auch Evangelische teilnahmen.
Mit genau dieser Frage "Was nun, Herr Bsirske?" übergab Elisabeth Schulte, Geschäftsführerin des Unternehmerverbandes Soziale Dienste und Bildung, das Mikrofon an den prominenten Gast der Veranstaltung: ver.di-Chef Frank Bsirske. Zur Diskussion stand das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum „Dritten Weg“, das das Arbeitsrecht für die rund 1,2 Millionen Beschäftigten bei den Kirchen, d.h. insbesondere Caritas und Diakonie, neu definiert hat. Demzufolge sind Gewerkschaften auch beim Dritten Weg zu beteiligen, was bisher nicht der Fall war. Im Rahmen des Dritten Weges werden Entgelte und andere Arbeitsbedingungen von Gremien, die paritätisch besetzt sind, verhandelt ohne Recht auf Aussperrung oder Streik. Solche Arbeitskampfmaßnahmen sind nach Meinung der kirchlichen Arbeitgeber unvereinbar mit dem Dienst am Nächsten.
„Der Dritte Weg ist für uns keine akzeptable Alternative“, zeigte sich Frank Bsirske beim Zweiten Kirchlichen Dienstgebertag gewohnt kämpferisch. „Warum sollen für die Arbeitnehmer kirchlicher Arbeitgeber allgemeine Regeln und Rechte nicht gelten?“
„Solange ver.di den Dritten Weg nicht akzeptiert, können die Gewerkschaften nicht erwarten, dass wir sie mit offenen Armen empfangen“, konterte Andreas Meiwes, Direktor des Caritasverbandes für das Bistum Essen. „Der Dritte Weg hat sich bewährt. Er muss allerdings verändert werden, und dazu sind die Gewerkschaften eingeladen“, so Meiwes. Die katholische Kirche habe die Einbindung der Gewerkschaften in den Dritten Weg bereits geregelt. „Es ist ein Märchen, dass bei kirchlichen Dienstgebern schlechtere Arbeitsbedingungen herrschen. In der Regel liegt der Caritas-Tarif sehr nah am TVÖD. Und ist im Schnitt sogar besser als die Bedingungen, die Gewerkschaften in diesen Bereichen bislang verhandelt haben.“
Erstmals sprach Bsirske mit Caritas-Vertretern und Mitgliedern des Unternehmerverbandes. Der Gewerkschafts-Chef verteidigte die ver.di-Klage gegen den Dritten Weg vor dem Bundesverfassungsgericht, mit dem die Gewerkschaft das Streikrecht in Kirchen durchsetzen will. Der starke Wettbewerbsdruck im sozialen Sektor habe zunehmend zu Lohndumping geführt, wobei Bsirske hier ausdrücklich die Caritas von seiner Kritik ausnahm. Bsirske strebt einen flächendeckenden Sozialtarif an, der seinen Vorstellungen zufolge allgemeinverbindlich erklärt werden soll.
Heinz D. Diste, Hauptgeschäftsführer der Contilia GmbH und St. Elisabeth-Stiftung e. V. Essen/Mülheim, gehörte ebenfalls zu den Diskutanten auf dem Podium: „Wir hätten im dem harten Wettbewerb überhaupt keine Chance, wenn wir schlechte Arbeitsbedingungen hätten“, so Diste. Darüber hinaus sei die Caritas „die Mutter des Flächentarifvertrages – es gibt im Sozialbereich keine größere tarifliche Abdeckung. Die Kirchen nennen es nur nicht ‚Tarifvertrag‘“, so Diste. Bislang seien seitens der Mitarbeitenden Forderungen nach einer gewerkschaftlichen Beteiligung nicht zu erkennen. „Die allermeisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind mit dem Dritten Weg und den daraus resultierenden Arbeitsbedingungen zufrieden“, so Diste.
Die Geschäftsführerin des Unternehmerverbandes Soziale Dienste und Bildung, Elisabeth Schulte, dankte abschließend allen Beteiligten für die intensive, kontroverse aber auch konstruktive Diskussion. „Derzeit gibt es im sozialen Bereich mehr als 1.500 verschiedene Tarifverträge.“ Hier seien noch viele offene Fragen, wenn ver.di einen Sozialtarifvertrag anstrebe. „Auch wenn viele Einzelfragen noch geklärt werden müssen – durch die vom Bundesarbeitsgericht vorgegebene Einbindung der Gewerkschaften müssen sich Kirchen und Gewerkschaften jetzt gemeinsam auf den Weg machen“, so Schulte.
Der zweite Dienstgebertag habe gezeigt, wie wertvoll die Zusammenarbeit von kirchlichen Einrichtungen und Unternehmerverband sei, betonte Schulte. Als bundesweiter Arbeitgeberverband habe man viel Erfahrung mit Tarifpolitik verschiedenster Branchen. Beide Seiten profitierten von den Kompetenzen, die sich bei dieser Thematik bestens ergänzten. Es gehe nun darum, sich für die Zukunft optimal aufzustellen. Dies sei eine unternehmerische Aufgabe, die man innovativ, konstruktiv und verantwortungsvoll angehen müsse.