USB: Mindestlohn macht traditionsreiche Bildungseinrichtungen kaputt

Hinsichtlich des Antrags auf Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages aus der Branche der Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch hat der USB Unternehmerverband Soziale Dienstleistungen + Bildung e.V. beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine offizielle Stellungnahme als bundesweiter Arbeitgeberverband von Bildungseinrichtungen im Bundesarbeitsministerium abgegeben:

USB: Ver.di drückt mit Mindestlohn die Personalkosten auf den Mindestlohn

Eine große Sorge des USB ist die, dass die geplante allgemeinverbindliche Festschreibung der Mindestlöhne und einer Mindesturlaubszeit, die oberhalb des Urlaubs nach Gesetz liegt, die Institutionen, die Maßnahmen ausschreiben und finanzieren, veranlasst, bei der Ausschreibung die Personalkosten mit den in dem als allgemeinverbindlich erklärten Gehältern anzusetzen und Anbieter, die höhere Personalkosten ansetzen, nicht zum Zuge kommen lassen. Dabei sieht es in der Realität so aus, dass die Altbeschäftigten – und das ist die deutliche Mehrheit der Mitarbeiter – wegen früher üblicher Refinanzierungspraxis noch gemäß der Besitzstandswahrung des BAT ihr Gehalt beziehen, und seit 2005 eingestellte Beschäftigte in der Regel Gehälter im Rahmen des TVöD, die weit über den Mindestlöhnen des Tarifvertrages Bildung liegen. Ein Träger mit solchen finanziellen Belastungen, so betont der USB, habe keinerlei Chancen, eine Ausschreibung zu gewinnen, die mit neu eingeführten Mindestlöhnen kalkuliert.

Schon seit Juni 2009, also bereits vor der Allgemeinverbindlicherklärung des Tarifvertrages Bildung, stehe in den Ausschreibungen der Bundesagentur für Arbeit regelmäßig folgende Passage: „Bietern wird daher empfohlen, vor der Angebotsabgabe bei ihrer Preiskalkulation zu berücksichtigen, dass im Rahmen einer späteren Leistungserbringung voraussichtlich der tariflich festgelegte Mindestlohn gelten wird.“

Seriöse, traditionsreiche Bildungseinrichtungen mit Unternehmenskontakten in der Region  und erfolgreichen Vermittlungsquoten in den Arbeitsmarkt mit Personalkosten, die in Höhe eines TVöD oder sogar BAT liegen, verlieren schon heute diese Ausschreibungen, beklagt der USB, während Billiganbieter, die ihre Mitarbeiter zwar vielleicht nicht unterhalb, aber auch nicht oberhalb des Mindestlohnes bezahlten, diese Ausschreibungen gewännen, dann aber in der Qualität ihrer Arbeit meistens nicht überzeugend seien.

USB: Antragsteller auf Mindestlohn sind nicht repräsentativ

Der USB hält es für äußerst problematisch, dass die Gewerkschaften ver.di und GEW sowie die Zweckgemeinschaft von Mitgliedsunternehmen des Bundesverbandes der Träger beruflicher Bildung (Bildungsverband) e.V. (BBB) einen Antrag zur Allgemeinverbindlicherklärung ihres Tarifvertrages vom 12. Mai 2009 eingereicht haben, da die antragstellende Zweckgemeinschaft des BBB nur eine kleine Minderheit von Bildungseinrichtungen in Deutschland vertrete, nicht einmal alle Mitglieder im BBB selbst. Der Antragsteller sei nicht repräsentativ für die Branche, die entgegen der Darstellung des BBB nicht 23.000 Beschäftigte, sondern eigenen Recherchen zufolge mindestens 64.000 Beschäftigte umfasse und Schätzungen zufolge ggf. sogar eher 100.000 und mehr .

Zudem verträten die meisten Mitglieder der Zweckgemeinschaft gewerkschaftsnahe Bildungseinrichtungen. Der Tarifvertrag, der zur Allgemeinverbindlicherklärung beantragt werde, stelle nach Auffassung des USB eine Art „In-sich-Geschäft“ dar: Es stelle sich die Frage nach der Tariffähigkeit der Zweckgemeinschaft des BBB.

USB: Bildungseinrichtungen dürfen nicht zu Tarifvertrag gezwungen werden

Als Vertreter seiner Mitglieder, die teilweise tarifgebunden seien, aber teilweise auch nicht tarifgebunden, die sich zum Teil in Arbeitsverträgen an Bestandteile von Tarifverträgen anlehnten, lege der USB höchsten Wert auf die Tarifautonomie und somit auch die negative Koalitionsfreiheit, die im Grundgesetz garantiert werde (Art. 9 (3) GG). Die Erklärung von Tarifabschlüssen als allgemeinverbindlich durch die Politik müsse daher absolute Ausnahme bleiben.

USB: Legale Umgehungsmöglichkeiten des Mindestlohnes führen zu Marktverzerrungen

Der Mindestlohn soll nach dem jetzt eingereichten Tarifvertrag nur für diejenigen Betriebe oder selbständigen Betriebsabteilungen von Trägern der beruflichen Bildung gelten, die überwiegend Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB) erbringen (§ 1 (2) Tarifvertrag vom 12. Mai 2009). Bildungseinrichtungen, die dies nicht überwiegend, aber auch machen, können ganz legal außerhalb des Geltungsbereiches des Tarifvertrages unterhalb des Mindestlohnes zahlen und damit jede Ausschreibung gewinnen, erläutert der USB. Zudem könnten alle, die statt eigener Mitarbeiter Honorarkräfte beschäftigten, den Mindestlohn umgehen. Das gehe zu Lasten der Bildungseinrichtungen, die professionell und schwerpunktmäßig Arbeitslose mit festen und gut ausgebildeten Mitarbeitern qualifizierten und integrierten. Eine Allgemeinverbindlicherklärung bzw. ein Mindestlohn dürfe nicht zu Marktverzerrungen führen, die Dumpingpreisanbieter förderten, denn eigentlich sei diese Maßnahme vom Gesetzgeber ja gerade dazu gedacht, Dumpinglöhne zu verhindern, betont der USB.

USB: Mindestlohn verhindert Beschäftigungschancen

Mit der Einführung eines Mindestlohnes von 7,60 €/Stunde selbst für Mitarbeiter, die ggf. ohne Ausbildung, ohne Vorkenntnisse und ohne berufliche Erfahrung frisch einstiegen, für Mitarbeiter, die unter Anleitung reinste Zuarbeiten tätigten, ohne irgend eine Verantwortung zu tragen und ohne selbst planerisch oder organisatorisch tätig zu werden, sei eine Untergrenze geschaffen, die jungen Berufseinsteigern oder auch Menschen mit Defiziten verschiedenster Art die Chance verbauten, in den ersten Arbeitsmarkt zu kommen, da sie für einen Bildungsträger zu teuer seien, denn diese Mitarbeiter hätten weder eine hohe Produktivität noch könne man sie alleine arbeiten lassen. Kosteninduzierte Nicht-Einstellungen und Entlassungen hätten Mindereinnahmen des Fiskus und der Sozialversicherungsträger zur Folge. Das könne nicht im Sinne der Politik sein.

USB: Mindestlohnüberwachung führt zu hohen Bürokratiekosten

Einen hohen bürokratischen Aufwand, verbunden mit entsprechenden Zusatzkosten bei Einführung und Umsetzung, verursache neben der Analyse, welche Bildungseinrichtungen überhaupt zu der praxisfernen Definition im Gesetz gehörten, auch die Verpflichtung, die Arbeitszeit zu erfassen. Abgesehen davon, dass das System von den Mitarbeitern akzeptiert sein müsse, verteuere es noch einmal die Bildung, deren Preis sowieso von den ausschreibenden Institutionen gedrückt werde. Das begünstige ebenfalls Billiganbieter, die entweder sogar illegal arbeiteten oder legal dem Geltungsbereich auswichen. Zumindest gehe es auf Kosten der Qualität, weil die Mehrkosten der Zeiterfassung, zusätzlicher Urlaubstage und Verteuerung der Entgelte bei Berufseinsteigern in den Personalkosten durch weniger qualifizierte Mitarbeiter eingespart werden müssten.

USB: Die Politik als Refinanzierer von Bildungsmaßnahmen gesteht mit Mindestlohn Missmanagement ein

Der USB stellt klar: Geringe Löhne in der Bildungsbranche hätten ihre Ursache in dem harten Konkurrenzkampf um Ausschreibungen, bei denen vorrangig auf Kosten geschaut werde und nicht, wie in der Privatwirtschaft üblich, auf ein günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis. Ausschreibungspraxis und Bewertungskriterien der Angebote würden von der Politik vorgegeben. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn die Politik erst die Preise und damit die Entgelte drücke und dann einen Mindestlohn einführe, um niedrige Entgelte zu verhindern und Bildungseinrichtungen mit anderer Tarifbindung wie z.B. TVöD zu benachteiligen, weil der Mindestlohn in Ausschreibungen die Preise drücke und eine Orientierung nach unten darstelle. Der Gesetzgeber greife bei der Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages für Dienstleister in der Aus- und Weiterbildung nach SGB II und SGB III in Entgelte einer Branche ein, für deren Refinanzierung er selbst verantwortlich sei.

Erfahrungen mit der Baubranche, in der es schon lange Zeit einen Mindestlohn gebe, zeigten, dass ein Mindestlohn nicht wirklich die Probleme lösen könne.

Viel besser als ein Mindestlohn ist nach Ansicht des Arbeitgeberverbandes USB, dass die Kommunen, Arbeitsgemeinschaften und Einkaufszentren der Bundesagentur für Arbeit bei Ausschreibungen auf die Qualität der Dienstleister achten und bereit sind, dafür auch den entsprechenden Preis zu zahlen. Denn entscheidend sei die Wiedereingliederung der Maßnahmeteilnehmer in den ersten Arbeitsmarkt. Nur das senke auch die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten. Ersparnisse bei einzelnen Maßnahmen aufgrund von Mindestlohn, der bereits jetzt schon in der Praxis bei Ausschreibungen als Personalkosten angesetzt werde, führten aufgrund mangelnder Qualität zu geringeren Eingliederungen in den Arbeitsmarkt  und bürdeten somit volkswirtschaftlich den Bürgern – Arbeitnehmern bzw. Steuerzahlern - mehr Kosten auf, ganz zu schweigen von sozialen Spannungen, die mit steigenden Arbeitslosenzahlen einhergingen.

Als Vertreter zahlreicher Bildungsunternehmen bundesweit stellt der USB klar, dass seine Mitglieder einen Mindestlohn und einen für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag in der Weiterbildungsbranche ablehnen. Der USB appelliert dringend an die Politik und Mitglieder des zuständigen Ausschusses, dem Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung nicht stattzugeben.

Der USB Unternehmerverband Soziale Dienstleistungen + Bildung e.V. mit Sitz in Duisburg ist ein bundesweit tätiger Arbeitgeberverband mit und ohne Tarifbindung. Zu seinen Mitgliedern zählen Bildungseinrichtungen, Seniorenheime und ambulante Pflegedienste ebenso wie Behinderteneinrichtungen, Krankenhäuser und soziale Dienstleister aller Art.

Kontakt

USB Unternehmerverband Soziale Dienstleistungen + Bildung e. V.
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Geschäftsführerin
Tel: 0203 99367-125
E-Mail: schulte(at)uvgruppe(dot)de 

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Geschäftsführer "Wirtschaft für Duisburg" und Geschäftsführer Kommunikation

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