Fachinformationen

Möglicherweise nicht ordnungsgemäße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen - Ergänzung

 

Mit diversen Rundschreiben hatten wir Sie bereits auf möglicherweise nicht ordnungsgemäße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) hingewiesen.

Der BDA ist nun die Plattform medschein.com bekannt geworden.

Auch die Plattform medschein.com bietet eine „AU ohne Arztgespräch“ an. Dabei werden auch auf dieser Plattform im Anschluss an ein Click-through- Verfahren zur „Anamnese“ AU-Bescheinigungen ausgestellt. Eine solche AU entspricht grundsätzlich nicht deutschem Recht. Einer Online-AU-Bescheinigung, die erteilt wird, ohne dass der ausstellende Arzt den Patienten persönlich untersucht hat oder ohne, dass ein persönliches oder telefonisches Gespräch stattfand, kann kein Beweiswert zukommen (ArbG Berlin vom 01.04.2021 – 42 Ca 16289/20). Diese AU-Bescheinigungen lösen daher keinen Entgeltfortzahlungsanspruch aus.

Auffallend ist, dass diese AU-Bescheinigungen optisch an den früheren „gelben Schein“ erinnern, aber auch bei gesetzlich Versicherten die Angabe „Privatarzt“ enthalten und nicht als eAU ausgestellt werden. Im Übrigen ist auf der Bescheinigung selbst nicht ersichtlich, dass diese über medschein.com erworben wurde.

Folgender für die genannte Webseite tätige ausstellende mutmaßliche Arzt ist namentlich bekannt:

- Dr. Klaus Mendoza

Grundsätzlich können die Beschäftigten entscheiden, welche Ärztinnen und Ärzte sie für eine Krankschreibung konsultieren. Diese müssen auch nicht an der kassenärztlichen bzw. vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen; ärztliche Bescheinigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 EFZG können auch von privatärztlich Tätigen ausgestellt werden. Es muss sich allerdings um approbierte Ärztinnen und Ärzte handeln. Die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit in Deutschland ist gemäß § 2 Bundesärzteordnung nur mit einer gültigen Approbation oder Berufserlaubnis möglich. Bei Ausübung der ärztlichen Tätigkeit besteht Pflichtmitgliedschaft in einer der insgesamt 17 Landesärztekammern in Deutschland. Ob die oben genannten Personen diese Voraussetzung überhaupt erfüllen, ist nicht bekannt.

Grundsätzlich kann sich der Arbeitgeber bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an die zuständige Krankenkasse des Mitarbeiters wenden. Er hat mithin gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen einen entsprechenden Anspruch. Eine nähere Begründung der Zweifel des Arbeitgebers ist nicht erforderlich, jedoch hilfreich. Die gesetzlichen Krankenkassen können zur Beseitigung von Zweifeln an einer Arbeitsunfähigkeit verpflichtet sein, eine gutachtliche Stellungnahme durch den Medizinischen Dienst einzuholen (§ 275 Abs. 1 Nr. 3 SGB V). Der Arbeitgeber selbst kann verlangen, dass die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholt (§ 275 Abs. 1a Satz 3 SGB V).

Mittlerweile gibt es leider eine Vielzahl von Anbietern von „online-AU-Bescheinigungen ohne Arztgespräch“ (z.B. medly-au.com; medschein.com; medizineu.de; au-schein.de; dransay.com).

Arbeitgeber sollten deshalb privatärztliche AUs (insbesondere, wenn diese von gesetzlich Versicherten vorgelegt werden) besonders sorgfältig auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen (auch wenn sie auf einem vertragsarztähnlichen Formular vorgelegt werden). 
 

Ansprechpartner für die Presse

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Geschäftsführer Kommunikation
Geschäftsführer #WirtschaftfürDuisburg

Jennifer Middelkamp

Jennifer Middelkamp

Pressesprecherin
Regionalgeschäftsführung Kreise Borken | Kleve

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Referentin

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Mitarbeiterin Kommunikation | Marketing