Fachinformationen

Kurzarbeit - Aktuelle Entscheidungen des BAG zur Berechnung des Urlaubsanspruchs

Urteil vom 5.12.2023 zur Auswirkung von Kurzarbeit „null“ auf den Urlaubsanspruch

 

Die Frage, ob die Durchführung von Kurzarbeit „null“ Einfluss auf den Umfang des gesetzlichen Urlaubsanspruchs hat, war lange Zeit umstritten.

Entscheidung des BAG zur Auswirkung von Kurzarbeit „null“ auf den Urlaubsanspruch

Am 30. November 2021 hatte das BAG in zwei Entscheidungen (Az.: 9 AZR 225/21; NZA 2022, 629 und 9 AZR 234/21; NZA 2022, 634) entschieden, dass bei Kurzarbeit „null“ eine unterjährige Neuberechnung des Urlaubs erfolgen kann. Begründet wurde dies damit, dass § 3 Abs. 1 BUrlG die Zahl der Urlaubstage ausgehend vom Erholungszweck des gesetzlichen Mindesturlaubs in Abhängigkeit von der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht bestimmt. Folglich seien Tage mit Kurzarbeit „null“ nicht mit Tagen mit Arbeitspflicht gleichzusetzen. Für ganze Tage, an denen die Arbeitspflicht durch Kurzarbeit „null“ ausgesetzt sei, bestünde insofern ein reduziertes Urlaubsbedürfnis. Die Berechnung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs erfolgt nach Urteil des BAG, in dem die im § 3 Abs. 1 BUrlG genannten 24 Werktage durch die Zahl der Arbeitstage im Jahr bei einer Sechstagewoche geteilt und mit der Zeit der für den Arbeitnehmer maßgeblichen Arbeitstage im Jahr multipliziert werden. Dabei geht das BAG für die Sechstagewoche von 312 und für die Fünftagewoche von 260 möglichen Arbeitstagen im Jahr aus.

Hinweis:

Für die Berechnung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs bei einer Fünftagewoche ergibt sich damit folgende Rechenformel:

24 Werktage : 312 Werktage * 260 Werktage

Ergänzender Hinweis vom 22.04.2024:

Für einen Arbeitnehmer, der sich im Jahr 2023 in den Monaten Juli bis einschließlich September in Kurzarbeit „null“ befand (= 65 Kalendertage) und der ohne Kurzarbeit in einer Fünftagewoche arbeitet (= 260 Kalendertage), ergeben sich mithin für das Kalenderjahr 2023 195 Arbeitstage. Die zur Ermittlung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs heranzuziehende Rechenformel sieht damit wie folgt aus: 

Werktage : 312 Werktage * 195 Werktage

Entscheidung des BAG zur Berechnung des Urlaubsanspruchs bei Überschneidung von Kurzarbeit „null“ und Krankheit

Nunmehr hat das BAG mit dem als Anlage beigefügten Urteil vom 5. Dezember 2023 (Az.: 9 AZR 364/22; NZA 2024, 330) diese Rechtsprechung fortgesetzt, indem es entschied, dass für Zeiträume, in denen Kurzarbeit „null“ – wirksam – eingeführt wurde, auch eine Erkrankung eines Arbeitnehmers keinen Einfluss auf die durch Kurzarbeit geänderte Verteilung der Arbeitszeit hat. Erkrankt ein Arbeitnehmer in einem Zeitraum, für den – wirksam – Kurzarbeit „null“ eingeführt worden ist, sind die ausgefallenen Arbeitstage bei der Berechnung des Urlaubsumfangs nicht mit Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzusetzen.

Der Sachverhalt

In dem vom BAG zu entscheidenden Fall stritten die Parteien über Urlaubsabgeltung aus dem Jahr 2020. In diesem Zusammenhang war insbesondere die Urlaubsberechnung bei zeitlicher Überschneidung und Kurzarbeit „null“ streitig. Der Urlaubsanspruch des Klägers betrug – bezogen auf eine Fünftagewoche – 29 Arbeitstage. Mittels Betriebsvereinbarung vom 23. März 2020 wurde in dem Betrieb für die Zeit vom 1. April 2020 bis 31. Dezember 2020 wirksam Kurzarbeit „null“ eingeführt. Der Kläger selbst war seit dem 19. März 2020 bis einschließlich 31. Dezember 2020 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Er vertrat die Auffassung, dass ihm auch für die Zeit der im Betrieb durchgeführten Kurzarbeit „null“ Urlaubsansprüche in ungeminderter Höhe zugestanden hätten. Insofern seien die Zeiten seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs wie solche mit tatsächlicher Arbeitsleistung zu behandeln. Sowohl das Arbeitsgericht Neumünster als auch das LAG Schleswig-Holstein hatten dem Kläger zuvor nicht recht gegeben.

Die Entscheidung

Das BAG hat die vom Kläger eingelegte Revision zurückgewiesen und begründete seine Entscheidung damit, dass eine Anpassung des Urlaubsanspruchs durch Umrechnung entsprechend § 3 Abs. 1 BUrlG auch dann vorzunehmen sei, wenn die Arbeitspflicht in Folge einer wirksam eingeführten Kurzarbeit an ganzen Arbeitstagen entfällt. Durch die Einführung der Kurzarbeit ergebe sich eine neue, die vertragliche Arbeitspflicht des Arbeitnehmers bestimmende Verteilung der Arbeitszeit, die eine Neuberechnung der Urlaubstage nach sich ziehe. Bei unionskonformem Verständnis seien krankheitsbedingte Fehlzeiten bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs nur dann wie Zeiten mit geleisteter Arbeit zu behandeln, wenn die Erkrankung kausal für den Wegfall der Arbeitspflicht war. Bei wirksam eingeführter Kurzarbeit „null“ bestimme diese die für das Arbeitsverhältnis maßgebliche Verteilung der Arbeitszeit, auf deren Grundlage der Urlaubsanspruch zu berechnen ist. Wegen der wirksam vereinbarten Kurzarbeit „null“ sei bereits keine Tätigkeit mehr geschuldet worden, sodass die Erkrankung nicht die Ursache für den Arbeitsausfall war. Würde man auch in einem solchen Fall einer arbeitsunfähig erkrankten Person einen Urlaubsanspruch auf Grundlage der regulären Arbeitszeit – also ohne Berücksichtigung der wegen Kurzarbeit „null“ ausgefallenen Arbeitszeit – einräumen, so würde man diese Person besserstellen, als wenn sie im gleichen Zeitraum arbeitsfähig gewesen wäre. Damit träte eine nicht bezweckte Privilegierung erkrankter Personen gegenüber arbeitsfähigen Personen ein. Etwas anderes gelte auch dann nicht, wenn – wie im vorliegenden Fall – die Arbeitsunfähigkeit bereits vor Einführung der Kurzarbeit vorlag.

Für Fragen stehen wir Ihnen gerne zur weiteren Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Katharina Weber
Rechtsanwältin
(Syndikusrechtsanwältin)

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