Fachinformationen
Infektionsschutzgesetz - 1. Aktualisierter BDA-Leitfaden zum IfSG - 2. Aktuelle Fachaufsätze zur Corona-Verdienstausfallentschädigung
Die BDA hat einen aktualisierten Leitfaden zum Infektionsschutzgesetz erstellt (siehe Ziff. 1). Darüber hinaus weisen wir zur Argumentation in den Rechtsstreiten vor den Verwaltungs- und ggf. Arbeitsgerichten auf aktuelle Fachaufsätze hin, die sich kritisch mit der BAG-Rechtsprechung vom 20. März 2024 zur Entgeltfortzahlung und ihren Auswirkungen auf die Corona-Verdienstausfallentschädigung befassen (siehe Ziff. 2). Hierzu erwarten wir im Laufe des Jahres eine erste Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, das sich mit dieser Frage bisher noch nicht konkret befasst hat (Ziff. 3).
1. Aktualisierter BDA-Leitfaden
Als Anlage übersenden wir Ihnen den aktualisierten BDA-Leitfaden "Anwendungsfragen zum Infektionsschutzgesetz". Der Leitfaden soll einen Überblick über die Anwendungsfragen in der arbeitsrechtlichen Praxis unter Berücksichtigung von Gesetzesänderungen sowie aktueller Rechtsprechung geben.
2. Aktuelle Aufsätze
Die BAG-Rechtsprechung zum Entgeltfortzahlungsanspruch bei symptomloser Corona-Infektion vom 20. März 2024 (5 AZR 234/23 und 5 AZR 235/23) wird in dem aktualisierten BDA-Leitfaden nur überblicksweise dargestellt. Zur umfassenden Kritik an dieser Entscheidung und für die Argumentation vor den Verwaltungs- und ggf. auch Arbeitsgerichten stehen Ihnen ein Fachgutachten von Prof. Dr. Thorsten Kingreen, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Sozialrecht und Gesundheitsrecht an der Universität Regensburg und u. a. Mitherausgeber des Handbuchs Infektionsschutzrecht (siehe hierzu unser Allgemeines Rundschreiben Nr. 60/24 vom 21. November 2024) sowie aktuelle Fachaufsätze zur Verfügung.
Kingreen, NVwZ 2025, S. 16 ff.
Wie bereits in dem Allgemeinen Rundschreiben Nr. 60/24 angekündigt, hat Prof. Dr. Kingreen die Ergebnisse seines Gutachtens jetzt auch in der Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ 2025, S. 16 ff.) veröffentlicht. Prof. Dr. Kingreen arbeitet in seinem Aufsatz „Der infektionsschutzrechtliche Entschädigungsanspruch für symptomlos infizierte Arbeitnehmer“ heraus, dass es sich bei symptomlos mit dem SARS-CoV2-Virus infizierten Personen infektionsschutzrechtlich nicht um Kranke im Sinne von § 2 Nr. 4 IfSG, sondern aufgrund einer klaren gesetzgeberischen Entscheidung um sog. Ausscheider im Sinne von § 2 Nr. 6 IfSG handelt. Der vom BAG angenommene Vorrang des Entgeltfortzahlungsanspruchs nach § 3 Abs. 1 EFZG gegenüber dem Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG lässt sich nach den Erkenntnissen von Prof. Dr. Kingreen entschädigungsrechtlich für symptomlos infizierte Personen deshalb nicht aufrechterhalten.
Arnold/Korte, BB 2025, S. 180 ff.
Dementsprechend kritisch fällt die Urteilsanmerkung von Dr. Iris Arnold und Walter Korte zu der BAG-Entscheidung vom 20. März 2024 (5 AZR 235/23) aus. In Anbetracht der gesetzlichen Definition der Begriffe Kranker, Ausscheider und Krankheitsverdächtiger im IfSG sehen die Autoren auch die Annahme des BAG, die symptomlose Infektion mit einem Virus stelle bereits eine Krankheit dar, als nicht belastbar an. Vielmehr sei es sachlich und rechtssystematisch auch arbeitsrechtlich geboten, das Pandemierisiko gemäß den Vorgaben des IfSG widerspruchsfrei zwischen Staat und Arbeitgeber aufzuteilen.
Brunzema, RdA 2024, S. 148 ff.
Auch Malcom Brunzema verneint in seinem Aufsatz „Entgeltersatzleistungen bei einer Corona-Infektion und gleichzeitig angeordneter Quarantäne“ das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit, wenn ein symptomlos infizierter Arbeitnehmer allein durch ein infektionsschutzrechtliches Beschäftigungsverbot an der Erbringung seiner Arbeitsleistung gehindert wird. Zudem weist der Autor darauf hin, dass die Annahme eines generellen Vorrangs des Entgeltfortzahlungsanspruchs vor dem Anspruch aus § 56 Abs. 1 IfSG mit dem Grundsatz der Monokausalität nicht vereinbar ist. Vorzugswürdig sei es, jeweils in einer wertenden Betrachtung und abhängig von der Schwere der Erkrankung zu prüfen, ob die Verhinderung an der Erbringung der Arbeitsleistung vorrangig auf die Quarantäne oder auf die Erkrankung selbst zurückzuführen ist.
Kreßel, ZfA 2025, S. 95 ff.
In seinem Besprechungsaufsatz zu den BAG-Entscheidungen vom 20. März 2024 (5 AZR 234/23 und 5 AZR 235/23) kritisiert Prof. Dr. Eckhard Kreßel, dass die Voraussetzungen der Monokausalität nicht vorliegen, wenn nicht die Krankheit als solche, sondern eine Absonderungsanordnung der Grund für die Arbeitsverhinderung ist. In diesen Fällen fehle es an der verfassungsrechtlich gebotenen Verantwortungsbeziehung, die für eine Kostenbelastung der Arbeitgeber erforderlich wäre.
Schmitt, RdA 2024, S. 373 ff.
Die Urteilsanmerkung von Dr. Laura Schmidt verdeutlicht, dass die vom BAG in seiner Entscheidung vom 20. März 2024 (5 AZR 234/23) angenommene Unbeachtlichkeit von Krankheitssymptomen auch Wertungswidersprüche im Vergleich zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung hervorruft. Es bleibe unklar, weshalb die Leistungspflicht des Arbeitgebers über diejenige der gesetzlichen Krankenkassen bei Beschäftigungsverboten aus seuchenhygienischen Gründen hinausgehen sollte.
3. Hinweis zu den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Dezember 2024
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich am 5. Dezember 2024 in zwei Entscheidungen mit der Corona-Verdienstausfallentschädigung befasst. Bisher liegt hierzu nur die Pressemitteilung Nr. 63/2024, die unter dem Link https://www.bverwg.de/de/pm/2024/63 eingesehen werden kann, vor. Diese Entscheidungen sind nicht zu dem Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 EFZG, sondern zu einem in den jeweiligen Fällen nicht abbedungenen Vergütungsanspruch nach § 616 BGB ergangen. Wir gehen davon aus, dass diese Entscheidungen den aktuellen Rechtsstreiten vor den Verwaltungsgerichten – insbesondere dem aktuellen Sprungrevisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zu dem Verhältnis des Entgeltfortzahlungsanspruchs und der Corona-Verdienstausfallentschädigung nach § 56 IfSG nicht vorgreifen.
Ansprechpartner für die Presse




Jennifer Middelkamp
Pressesprecherin
Regionalgeschäftsführung Kreise Borken | Kleve



