Fachinformationen
Aktionsplan für die Stahl- und Metallindustrie der EU-Kommission
Die Europäische Kommission hat einen Aktionsplan für eine wettbewerbsfähige und kohlenstoffarme Stahl- und Metallindustrie vorgelegt, der im Rahmen des Clean Industrial Deal (CID) gezielte Maßnahmen für die Stahl- und Metallindustrie enthält. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sollen u. a. eine erschwingliche und sichere Energieversorgung für den Sektor gewährleisten, die Verlagerung von CO₂-Emissionen verhindern, europäische Industriekapazitäten schützen und ausbauen sowie hochwertige Arbeitsplätze erhalten. Der Aktionsplan greift Teile des CID auf und geht in einigen Punkten darüber hinaus.
1. Inhalt des Aktionsplans
a) Energie- und Klimapolitik
Entlastungen bei Energiepreisen: Die Mitgliedstaaten sollen alle im europäischen Energie- und Beihilfenrecht vorgesehenen Flexibilitäten zügig umsetzen, um die Kosten für energieintensive Industrien zu senken. Zudem könnten Netzentgelte so gestaltet werden, dass energieintensive Branchen profitieren. Weitere Details hierzu sollen die für Q2 2025 angekündigten Leitlinien zur Gestaltung von Netzentgelten liefern.
Strompreiskompensation: Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die in den ETS-Beihilfeleitlinien vorgesehene Möglichkeit zur Kompensation indirekter CO₂-Kosten stärker zu nutzen, da dies laut Kommission bisher nur 14 Mitgliedstaaten tun. Im Rahmen der ETS- und CBAM-Überprüfungen 2026 will die Kommission zudem sicherstellen, dass auch über 2030 hinaus angemessene Maßnahmen zur indirekten Stromkostenkompensation verfügbar sind. In einer früheren (geleakten) Version des Aktionsplans war jedoch noch davon die Rede, die Strompreiskompensation „dauerhaft” (über 2030 hinaus) beizubehalten. Diese Änderung könnte darauf hindeuten, dass die indirekten Emissionen möglicherweise doch noch in den CBAM einbezogen werden und die Strompreiskompensation entsprechend auslaufen könnte.
Beschleunigung von Netzanschlüssen: Die Kommission wird Leitlinien und Empfehlungen an die Mitgliedstaaten vorlegen, um Wartezeiten für Netzanschlüsse zu verkürzen (Q4 2025). Dies soll durch die „Entfernung spekulativer oder unausgereifter Anträge aus der Warteschlange“ erreicht werden. Wo nötig soll auf Basis objektiver Kriterien vom „First come, first served“-Prinzip abgewichen werden.
Flexibilität bei kohlenstoffarmem Wasserstoff: In den kommenden Wochen wird die Kommission den Delegierten Rechtsakt zu kohlenstoffarmem Wasserstoff verabschieden. Dieser soll „so flexibel wie möglich“ ausgestaltet werden, um die Treibhausgasminderungsziele für kohlenstoffarmen Wasserstoff technologieneutral zu erreichen.
Neue Zeitpläne für den CBAM: Bis Q2 2025 soll eine Mitteilung veröffentlicht werden, die Optionen zum Umgang mit Carbon Leakage bei Exporten von CBAM-Waren aus der EU in Drittländer analysiert. Bis Q4 2025 will die Kommission eine umfassende Überprüfung des CBAM vornehmen und eine Anti-Umgehungsstrategie sowie einen ersten Legislativvorschlag vorlegen (zur Ausweitung des CBAM auf bestimmte stahl- und aluminiumintensive Vorprodukte, sowie zur Aufnahme zusätzlicher Anti-Umgehungsmaßnahmen).
b) Handelspolitik
Globale Überkapazitäten: Obwohl derzeit eine Vielzahl von
Handelsschutzmaßnahmen in Kraft sind, sind die Stahl- und Metallindustrien weiterhin durch globale Überkapazitäten und Verzerrungen gefährdet; insbesondere durch China, die ihre heimischen Industrien gezielt unterstützen oder Handelsschutzmaßnahmen und Sanktionen der EU umgehen.
Stahl-Safeguards: Die Kommission hat die bestehenden Stahl-Safeguards überarbeitet und den Mitgliedstaaten Anpassungen vorgeschlagen, die am 1. April 2025 in Kraft treten werden. Damit will die Kommission die Safeguards verschärfen, um die Wirksamkeit sicherzustellen und die neusten Marktentwicklungen abzubilden.
Folgeinstrument für Stahl-Safeguards: Da die Stahl-Safeguards am 30. Juni 2026 auslaufen werden, möchte die Kommission spätestens im dritten Quartal 2025 ein Folgeinstrument vorschlagen, das die Safeguards für Stahl ab dem 1. Juli 2026 ersetzen soll. Damit will die Kommission gewährleisten, dass weiterhin ein wirksamer Schutz vor den negativen handelsbezogenen Auswirkungen globaler Überkapazitäten im Stahlsektor gewährleistet wird.
Safeguard-Untersuchung auf Importe von Eisenlegierungen: Im Dezember 2024 hat die Kommission eine Safeguard-Untersuchung bezüglich der Einfuhren bestimmter Eisenlegierungen eingeleitet. Diese Untersuchung soll bis spätestens zum 18. November 2025 abgeschlossen werden.
Safeguard-Untersuchung auf Aluminiumimporte: Die Kommission beobachtet zudem die Lage im Aluminiumsektor und hat begonnen Erkenntnisse im Hinblick auf die Anwendung handelspolitischer Schutzinstrumente zu sammeln, einschließlich der Einleitung einer Safeguard-Untersuchung. Sobald ein hinreichend begründeter Antrag bei der Kommission eingegangen ist.
Umgehung von handelspolitischen Schutzinstrumenten: Um der Umgehung bestehender Handelsschutzmaßnahmen im Stahl- und Metallbereich entgegenzuwirken, wird die Kommission die Einführung einer „Schmelz- und Gießregel“ prüfen. Damit wäre es möglich, gegen das Land vorzugehen, in dem das Metall ursprünglich geschmolzen wurde, unabhängig vom Ort der anschließenden Verarbeitung und der Herkunft der Ware, wie sie durch die traditionellen nichtpräferenziellen Ursprungsregeln festgelegt ist.
Überwachung von Handelsströmen: Die Kommission wird künftig die Überwachung der Handelsströme verstärken, um den schnellen Entwicklungen auf den globalen Märkten Rechnung zu tragen und die Branche zu schützen. Die Kommission möchte ferner proaktiv Untersuchungen auf der Grundlage Auseiner „drohenden Schädigung“ einleiten, ohne abzuwarten, bis eine materielle Schädigung eintritt. Zudem wird die Kommission ihre Bemühungen im multilateralen Kontext fortsetzen und intensivieren, um die globalen Herausforderungen in diesen Sektoren zu adressieren.
Überarbeitung der handelspolitischen Schutzinstrumente: Wie im CID angekündigt, wird die Kommission auf eine Verschärfung der bestehenden handelspolitische Schutzinstrumente hinarbeiten. In diesem Zusammenhang wird die Kommission prüfen, ob die Lesser Duty Rule1 geändert werden muss.
Russland-Sanktionen: Die Kommission hat seit Beginn des Angriffskriegs Russlands in der Ukraine eine Reihe von Sanktionen erlassen, darunter auch Einfuhrbeschränkungen für Eisen und Stahl sowie ein Verbot von Importen von Primäraluminium aus Russland. Die Kommission kündigt an, die wirksame Umsetzung dieser Sanktionen sicherzustellen und bei Bedarf weitere Maßnahmen zu ergreifen, um deren Umgehung zu verhindern.
c) Kreislaufwirtschaft
Handelsmaßnahmen zur Gewährleistung einer ausreichenden Verfügbarkeit von Schrott: Die Kommission stellt eine Abnahme der Menge an Schrott, die in der EU für das Recycling verwendet wird und gleichzeitig eine erhebliche Zunahme der Schrottexporte, fest. Ziel ist es, diesen Trend umzukehren. Unter Hinweis darauf, dass bestimmte Länder den Export von Schrotten in die EU untersagen und manche Länder ungerechtfertigte Subventionen zur Unterstützung ihrer Metallrecycling- und Produktionsindustrien anwenden, kündigt die Kommission die Möglichkeit von Handelsmaßnahmen in Q3 2025 an, um die ausreichende Verfügbarkeit von Schrott in der EU zu gewährleisten.
Prüfung der Einführbarkeit von Anforderungen an die Rezyklierbarkeit und/oder von Rezyklatanteilverpflichtungen für Stahl, Aluminium und Kupfer (Altfahrzeugverordnung, Bau-produkte, ESPR): Diese Maßnahmen sollen dazu dienen, die Nachfrage nach Schrotten in der EU zu stimulieren, indem deren Nutzung in verschiedenen (End-)Produkten gefördert wird.
Funktionieren der Sekundärrohstoffmärkte verbessern und einen Binnenmarkt für Abfälle schaffen (Circular Economy Act): Um einen Binnenmarkt für Schrotte zu fördern, sollen im Rahmen des für Ende 2026 angekündigten Circular Economy Acts u. a. Hindernisse aufgrund fortbestehender nicht harmonisierter Abfallklassifizierungssysteme bei Schrotten abgebaut werden.
2. Bewertung
Zum aktuellen Zeitpunkt liegt uns ausschließlich eine Bewertung der Wirtschaftsvereinigung Stahl als unmittelbar betroffener Branchenverband vor, die wir im Folgenden gerne zur Kenntnis geben:
Aus Sicht der deutschen Stahlindustrie ist das klare Signal der EU-Kommission für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Stahlindustrie sehr zu begrüßen. Insbesondere die außenhandelspolitischen Vorschläge seien sehr unterstützenswert. Dies gelte vor allem für die vorgesehenen Korrekturen der bestehenden Lücken beim CBAM sowie beim Handelsschutz. Hingegen seien die Ankündigung zu Energiepreisentlastungen recht vage und nicht umfassend genug. Es fehle weiterhin ein konkretes Konzept für einen wettbewerbsfähigen Industriestrompreis. Bei den Leitmärkte seien hingegen die wesentlichen Punkte auf einer hohen Abstraktionsebene erfasst. Leider fehlten jedoch die Verbindlichkeiten bei den geplanten Labels für grüne Produkte sowie ein Hinweis auf bereits bestehende Labels. Zur Förderung der Kreislaufwirtschaft würden die richtigen Herausforderungen identifiziert. Hinsichtlich des strategisch hoch relevanten Sekundärrohstoffs Stahlschrott fehle aber das Vorhaben eines konkreten Monitorings.
Über die weiteren Entwicklungen werden wir Sie informieren. Ebenso sofern uns eine (ggf. auch branchenübergreifende) Bewertung vorliegt.
Ansprechpartner für die Presse




Jennifer Middelkamp
Pressesprecherin
Regionalgeschäftsführung Kreise Borken | Kleve



