Politik missbraucht Arbeitgeber als Handlanger

Energiepreispauschale vergrößert bei Arbeitgebern erneut die Bürokratie

„Aus einer gut gemeinten Idee der Politik ist mal wieder ein Bürokratiemonster geworden“, betont Michael Reichelt, Vorsitzender des bundesweiten Unternehmerverbandes Soziale Dienste und Bildung mit Sitz in Duisburg. „Die Politiker machen sich gar keine Gedanken, welche Folgen die Energiepreispauschale hat – da wird „mal eben“ zur Auszahlung der Arbeitgeber herangezogen,“ kritisiert Reichelt. Aber der habe wirklich anderes zu tun in Zeiten von zwei Jahren Corona, unterbrochenen Lieferketten, Fachkräftemangel und exorbitanter Inflation.

Die Bundesregierung will die Belastung der Bürger durch die enorm gestiegenen Kraftstoffpreise abmildern und hat daher beschlossen, dass alle Erwerbstätigen eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro erhalten. Ausgezahlt werden muss diese Pauschale über den Arbeitgeber. Der muss im September 2022 die Pauschale mit dem Gehalt auszahlen und mit der Einkommensteuer für seine Beschäftigten verrechnen, in einigen Ausnahmefällen auch später.

Bei der Abrechnung muss die individuelle Steuer eines jeden Beschäftigten berücksichtigt werden. Zwar ist das elektronisch umsetzbar, aber erst einmal muss die Neuerung ins System eingegeben werden mit all seinen Besonderheiten bei Geringfügig oder kurzfristig Beschäftigten wie auch bei Minijobs und müssen Fragen mit Finanzamt und Beschäftigten geklärt werden. Der Gesetzgeber hat nicht ohne Grund 11 Paragraphen benötigt, um die einmalige Energiepreispauschale zu regeln.

Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags beziffert allein die Kosten der Arbeitgeber zur Auszahlung der Energiepreispauschale auf etwa 225 Mio. Euro. Gleichzeitig formuliert der Finanzausschuss selbst, dass dieser Aufwand geringfügig, allerdings „nicht bezifferbar“ sei. Reichelt: „Woher weiß die Bundesregierung, dass der Erfüllungsaufwand der Wirtschaft geringfügig ist, wenn sie ihn letztlich nicht einmal beziffern kann?“ Immerhin sei wenigstens noch im letzten Moment vor Verabschiedung des Gesetzes verhindert worden, dass die Arbeitgeber den Betrag auch noch hätten vorfinanzieren müssen.

 

Reichelt führt aus: „Bürokratie haben wir in Deutschland von Jahr zu Jahr mehr, ganz extrem in den beiden letzten Jahren, in denen die Arbeitgeber äußerst kurzfristig die ganzen Corona-Maßnahmen umsetzen mussten. In diesem Zusammenhang ist die Corona-Prämie zu nennen: Auch diese war und ist mit enormem bürokratischem Aufwand verbunden, wobei sie nicht einmal von allen Kostenträgern refinanziert wird. Beispielsweise ging die Behindertenpflege hier wieder einmal leer aus, obwohl dort die Widrigkeiten des Virus bei der Arbeit genauso groß waren wie in der Altenpflege.“

Und damit verbunden sei ein weiteres großes Problem: „Erst weckt die Politik Erwartungen, dann müssen die Arbeitgeber sie umsetzen, und dann wird deutlich, dass die Erwartungen der Bürger gar nicht erfüllt werden,“ gibt Reichelt zu bedenken: Die Corona-Prämie wird je nach Tätigkeit in sehr unterschiedlicher Höhe ausgezahlt, in manchen Bereichen auch gar nicht, weil sie beispielsweise in der Behindertenhilfe auch nicht vom Kostenträger refinanziert wird. Aber alle, die in der Pflege tätig sind, erwarten natürlich aufgrund der politischen Ankündigungen eine ordentliche Prämie.

Ähnlich bei der Energiepreispauschale: Die Politik weckt bei den Bürgern die Erwartung, 300 Euro vom Staat zu erhalten. In Wirklichkeit geht die Einkommensteuer vom Betrag ab, und die Pauschale erhalten nur die Erwerbstätigen, nicht aber z.B. Rentner und Arbeitslose. Für Erwerbstätige gibt es dann auch z.B. eine Erhöhung der Entfernungspauschale für Fernpendler, aber für alle Bürger und bestimmte Bevölkerungsgruppen gibt es auch spezielle und allgemeine Entlastungen.

Elisabeth Schulte, Geschäftsführerin des Unternehmerverbandes Soziale Dienste und Bildung, unterstreicht dies: „Wer blickt denn da überhaupt noch durch? Jeder fühlt sich ungerecht behandelt bei Entlastungen, von denen er selbst nicht partizipiert. Insgesamt sind die Entlastungen auch recht gering für den einzelnen in Anbetracht einer Inflation von mehr als 7 Prozent. Der Staat hingegen hat immense Kosten, denn auch kleine Beträge summieren sich bei 80 Mio. Bürgern dramatisch. Und letztlich müssen diese Kosten nicht die Politiker tragen, sondern die Steuerzahler.“ Bei der enormen Verschuldung allein in den letzten Monaten durch Corona und Ukrainekrieg sei vorprogrammiert, dass in den kommenden Jahren aufgrund knapper öffentlicher Finanzen an den Sozialleistungen als erstes gespart werde. Diese Entwicklung wird bei den sozialen Unternehmen durch das Verhalten der Kostenträger bereits spürbar.

Der Unternehmerverband Soziale Dienste und Bildung fordert daher die Politik auf, gerade in diesen schwierigen Zeiten von Corona-Lasten, Inflation, Ukraine-Kriegsfolgen, Energietransformation und Fachkräftemangel

  • die Bürokratie auf allen Ebenen auf ein Minimum zu reduzieren,
  • Transparenz zu schaffen durch generelle Steuerentlastungen statt Einzelmaßnahmen, die letztlich untergehen und ungerecht wirken,
  • die Grundsicherung zu reformieren, so dass sie einerseits das Existenzminimum auch in Inflationszeiten sichert, andererseits Anreiz zur Arbeitsaufnahme bietet, so dass Arbeit wieder lohnt, und
  • die öffentlichen Ausgaben nachhaltig zu gestalten, so dass einerseits die nachwachsende Generation nicht unter der Finanzierung der Schulden der öffentlichen Haushalte und Sozialversicherungen aufgrund unerträglicher Steuern und Beiträge zu leiden hat, andererseits aber die erforderlichen Sozialausgaben getätigt und die Sozialleistungen von den Dienstleistern erbracht werden können.
Michael Reichelt, Vorsitzender des bundesweiten Unternehmerverbandes Soziale Dienste und Bildung (Foto: Unternehmerverband)

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