3 Fragen an Tobias Fastenrath

Der Einfluss auf Arbeitsprozesse

Tobias Fastenrath, Verbandsingenieur beim Unternehmerverband

[uv]magazin: KI ist in aller Munde: Welche Unternehmensbereiche profitieren besonders? Und welches KI-Tool ist das must-have?

Tobias Fastenrath: Es gibt nicht „die eine KI“, sondern sie muss spezifisch auf die Anwendung angepasst sein. KI hat immer einen Fokus: ChatGPT, Perplexity & Co. eignen sich z. B. dafür, Texte zu erstellen und zu überarbeiten. In Instandhaltung oder Produktionsplanung ist eine vorausschauende KI gefragt, z. B. um Datenmuster zu erkennen, vorbeugend instandzuhalten oder Störgrößen in der Fertigung zu erkennen. Durch KI wird es zu fundamentalen Änderungen in allen Bereichen kommen, insbesondere auch im Wissens- und Dienstleistungssektor. Da sind sich die meisten Forschungsinstitute einig, auch wenn zuletzt eine gewisse Ernüchterung zur KI festzustellen ist. 

Innerhalb der Unternehmen und Organisationen werden von der Administration über den Einkauf bis hin zur Produktion alle davon profitieren. Im sozialen Bereich kann KI die Arbeit erleichtern und Zeitressourcen für die eigentliche Aufgaben schaffen, z. B. Menschen mit Behinderung oder Bewohnerinnen und Bewohner im Seniorenheim zu betreun. Im sozialen Bereich werden derzeit humanoide Roboter getestet, die sich mit demenzerkrankten Menschen unterhalten, sich den Gesprächsverlauf merken und daraus weitere Dialoge knüpfen können, die dem Fortschritt der Demenzerkrankung entgegenwirken sollen. Aber: Es gibt noch viel zu tun, die KI kann eben nicht alles lösen. Daher auch die Ernüchterung. Jede Organisation wird sich überlegen müssen, wie es die KI wirksam einsetzen möchte.

[uv]magazin: Sie sind als Verbandsingenieur darauf spezialisiert, Prozesse zu analysieren und zu optimieren. Haben Sie konkrete Beispiele, wie man mit KI bestehende Abläufe neu denkt?

Tobias Fastenrath: Richtig angewendet kann und wird KI bestehende Prozesse aufbrechen, ändern oder den berühmten „Fingerzeig“ auf etwas darstellen, z .B. Muster erkennen, die man vorher so nicht erkannt hat. Dafür muss dieser Prozess aber erstmal bekannt und bewusst sein. Es muss Datenlage geschaffen werden, sonst wird das Ganze zum Rohrkrepierer. Studien haben zwischenzeitlich belegt, dass viele KI-Projekte scheitern. Es macht keinen Sinn, der KI einen Prozess mit Ineffizienzen und Verschwendung zu übergeben, vielmehr sollte überlegt werden, wie der Prozess oder die Tätigkeit unter Einbindung von KI besser gestaltet werden kann. Was unter „besser“ zu verstehen ist, muss jede Organisation für sich vorher entscheiden und dann messen, um belastbare Daten für die Einbindung von KI zu haben. Und man muss Vertrauen in die KI haben: Denn sie kann zu mehr Autonomie führen. Dazu drei Beispiele: Im Qualitätsmanagement ermöglichen KI-Systeme die automatische Fehlererkennung anhand von Bild- und Sensordaten in Echtzeit. Mit Process Mining-Tools können Prozessdaten aus IT-Systemen analysiert und ineffiziente Schritte identifiziert sowie automatisiert werden. Und KI hilft bei der automatischen Disposition in der Lagerlogistik, indem sie Bestellungen, Lagerbestände und Lieferzeiten optimal abstimmt.

[uv]magazin: Sie haben sich zum KI-Business Manager an der RWTH Aachen weitergebildet. Wir profitieren die Mitgliedsunternehmen?

Tobias Fastenrath: Mitgliedsunternehmen erhalten praxisnahe Konzepte und Instrumente, um KI-Projekte strategisch zu planen und wirtschaftlich nachhaltig einzuführen: Zum einem bieten wir ein neues KI-Seminar im HAUS DER UNTERNEHMER und auf Wunsch des Unternehmens oder der sozialen Einrichtung auch als Inhouse-Seminar an. Darüber hinaus begleite ich Unternehmen auf dem Weg zur „richtigen“ KI. Dafür ist eine – meist analoge – Bestandsaufnahme notwendig. Weiterhin werden wir immer wieder eine für unsere Mitgliedsunternehmen kostenfreie „KI-Stunde“ anbieten, demnächst zum Beispiel zur KI-gestützten Personaleinsatzplanung oder zu KI-Agenten in der Produktion. Sie lernen außerdem, wie Beschäftigte aktiv in den KI-Prozess eingebunden werden, um zu erkennen, dass die Künstliche Intelligenz keine Bedrohung, sondern eine sehr gute Unterstützung bei bestimmten Tätigkeiten sein kann. Das Konzept nennt sich „Human in the loop“ und hat sich für KI-Anwendungen bewährt.

3 Fragen an Peter Wieseler

Die rechtlichen Gesichtspunkte

RA Peter Wieseler, Fachanwalt für Arbeitsrecht beim Unternehmerverband

[uv]magazin: Kommen wir nun zu den rechtlichen Gesichtspunkten beim Thema KI.Tools wie ChatGPT sind auch auf dem Dienst-Laptop verfügbar. Dürfen Beschäftigte diese ohne weiteres nutzen?

Peter Wieseler: Beschäftigte dürfen KI-Tools wie ChatGPT auf dem Dienst-Laptop nicht ohne Weiteres nutzen. Die Nutzung erfordert die Zustimmung des Arbeitgebers und muss den Vorgaben der EU-KI-Verordnung sowie datenschutz- und arbeitsrechtlichen Anforderungen entsprechen, selbstverständlich können in diesem Zusammenhang auch Geschäftsgeheimnisse eine Rolle spielen. Arbeitgeber sind gefordert, klare betriebsinterne Regelungen zu schaffen, Schulungen anzubieten und die Einhaltung der gestaffelten Vorgaben der KI-VO sicherzustellen. Ohne solche Regelungen bewegen sich Beschäftigte in einer rechtlichen Grauzone mit erheblichen Haftungsrisiken.

[uv]magazin: Empfehlen Sie, Betriebsvereinbarungen bzw. Regelungen zu treffen, damit Datenschutz & Co. eingehalten werden?

Peter Wieseler: Betriebsvereinbarungen bzw. betriebliche Richtlinien zur KI-Nutzung sind kein "nice to have", sondern rechtlich und praktisch unverzichtbar. Sie schützen sowohl das Unternehmen vor Haftungsrisiken und Compliance-Verstößen als auch die Beschäftigten vor Rechtsunsicherheit und Überforderung. Vor dem Hintergrund von EU-KI-Verordnung und DSGVO sind klare Regelungen also eindeutig zu empfehlen. Unternehmen, die jetzt handeln und transparent KI-Regelungen schaffen, positionieren sich als verantwortungsvolle Arbeitgeber, schaffen Vertrauen bei den Beschäftigten und minimieren rechtliche Risiken erheblich. Die Investition in klare Strukturen zahlt sich durch Rechtssicherheit, effizientere KI-Nutzung und höhere Akzeptanz in der Belegschaft aus.

[uv]magazin: Gibt es Rechte des Betriebsrats zu beachten?

Peter Wieseler: Die EU-KI-Verordnung und das durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz 2021 gestärkte Betriebsverfassungsgesetz statuieren umfangreiche Informations-, Beratungs- und Mitbestimmungsrechte. Die Nichtbeachtung dieser Rechte kann zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme führen und erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.


Die beiden Experten für das Thema KI beim Unternehmerverband halten am 4. November das Seminar „KI-Kompass für Unternehmen und soziale Organisationen“. Kurzentschlossene können noch teilnehmen!

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