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Lebenshilfe Duisburg
Barrieren im Alltag: Wo sie in Duisburg zu finden sind
Gemeinsames Projekt der Lebenshilfe Duisburg, der LebensRäume Duisburg und der Duisburger Werkstatt zeigt sichtbare und unsichtbare Hindernisse
Anlässlich des Europäischen Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am 5. Mai präsentieren die Lebenshilfe Duisburg, die LebensRäume Duisburg und die Duisburger Werkstatt die Ergebnisse einer mehrwöchigen Testreihe zu Barrieren im Alltag. „Als Fazit ist festzustellen, dass es in Duisburg zu viele Barrieren – sichtbare und unsichtbare – gibt, die Menschen mit Handicap das Leben erschweren“, erklärt Ines Bluhmki, die Pädagogische Leitung der Lebenshilfe Duisburg und der LebensRäume Duisburg.
Stufen, Treppen und steile Zugänge
Zu den häufigsten Barrieren gehören bauliche Hindernisse wie Stufen oder Treppen. Eine junge Familie mit Kinderwagen stieß bei ihrem Rundgang direkt auf mehrere Hindernisse wie Kopfsteinpflaster, nicht funktionierende Aufzüge an Bahnhaltestellen, Haltestellen, die nur mit einer Überquerung der Gleise erreichbar waren, zu enge Busse und zu wenig ausgeschilderte barrierefreie Eingänge. Ein Rollstuhlfahrer konnte an der Haltestelle Marienhospital nicht ohne Hilfe in die Straßenbahn gelangen, und für eine Mutter, die mit ihrem Sohn im Rollstuhl unterwegs war, stellte die Bahnunterführung in Neudorf-Süd ein unüberwindbares Hindernis dar: Der Weg war so steil, dass sie umkehren mussten. Der geplante Arztbesuch fiel aus.
Barrieren beim Arzt
Doch selbst Arztpraxen bilden in puncto Barrieren keine Ausnahme, wie das Beispiel eines Urologen zeigte: Eine Stufe am Eingang bildete das erste Hindernis, der Aufzug war dann für den Rollstuhl der Testperson zu klein. An anderer Stelle war eine Zahnarzt-Praxis nur per Treppe erreichbar. Für die testende Bewohnerin der LebensRäume bedeutete das: Eine Begleitung musste ihren Rollator hochtragen – allein war der Arztbesuch nicht zu bewältigen. „Gerade, wenn es um die gesundheitliche Versorgung geht, dürfen Menschen mit Beeinträchtigung nicht benachteiligt werden“, fordert Ines Bluhmki.
Keine Inklusionauf dem Spielplatz
Mehr Inklusion wünschten sich auch die Kinder beim Spielplatz-Test: So sind am Stadtpark Meiderich einige Spielgeräte für Menschen mit Beeinträchtigung nicht erreichbar und am Jubiläumshain erschweren Bodenbeläge wie Rindenmulch den Zugang für Menschen mit Behinderung. Ein anderes Thema: die Toiletten. Am Stadtpark waren sie stark verschmutzt, am Jubiläumshain zwar sauber, aber nur zu den Kiosk-Öffnungszeiten zugänglich. Immerhin: Die Beschilderung der getesteten Spielplätze konnte mit Blick auf barrierefreie Kommunikation punkten.
Nachteile moderner Touchscreens
Während Stufen und Treppen im Alltag zu den offensichtlichsten Barrieren gehören, fallen andere Hindernisse weniger auf – sind aber ebenso gravierend. Ein stark sehbeeinträchtigter Familienvater konnte im Supermarkt beim Test des neuen Pfandautomaten das Display ohne fremde Unterstützung nicht bedienen. Was früher einfach war – den grünen Knopf ertasten und den Pfandbon ausdrucken – ist nun mit Touchscreen für ihn kaum noch möglich. In anderen Fällen sorgt der technische Fortschritt für mehr Barrierefreiheit: Eine Mitarbeiterin der Duisburger Werkstatt zeigt sich sehr froh über ihr App-gesteuertes Hörgerät, mit dem unbeschwert durch den Alltag gehen kann. Auch Websites und Formulare im Internet können sich Menschen mit Beeinträchtigung schon häufig vorlesen lassen. „Noch besser wäre es, wenn Standardformulare zusätzlich stets auch in einfacher Sprache und bebildert angeboten werden könnten zur besseren Orientierung auch für Menschen mit kognitiven Einschränkungen“, unterstreicht Jutta Lütke Vestert von der Duisburger Werkstatt.
Stille Stunde gegen Reizüberflutung
Ebenso können unsichtbare Barrieren das Alltagsleben einschränken. So forderten unterschiedlich Betroffene in ihren Tests mehr Verständnis für Menschen mit psychischen Einschränkungen. Mit gutem Beispiel vorangegangen ist die Lebenshilfe Duisburg: Sie richtete eine „Stille Stunde“ in ihrer Geschäftsstelle ein. Kein Handyklingeln, kein lautes Telefonieren, kein Geschirrklappern an der Kaffeemaschine – für Menschen im Autismus-Spektrum oder hochsensible Menschen eine echte Erleichterung. „Unsere Welt wird immer lauter und reizüberfluteter. Das kann sehr überfordernd sein“, so Ines Bluhmki. „Von daher sind feste Zeiten, in denen eine reduzierte, entspannte Atmosphäre geschaffen wird, im Alltag sehr wichtig, um sensorische Barrieren abzubauen.“ In einigen Supermärkten werden Stillen Stunden bereits erfolgreich praktiziert. Für Ines Bluhmki ist auch eine Ausweitung, beispielsweise in Behörden, Restaurants oder Freizeiteinrichtungen denkbar: „Vielleicht schaffen wir es, noch weitere Menschen und Einrichtungen für diese bereits erfolgreich erprobten Konzepte zu begeistern.“ Jutta Lütke Vestert ergänzt: „Das Miteinander ist ein weiteres Kriterium für gefühlte Barrierefreiheit. Fühle ich mich in der Öffentlichkeit wohl, wenn ich z. B. motorische Tics habe? Oder habe ich als Mensch mit psychischer Erkrankung Angst davor, die Erwartungen deranderen nicht zu erfüllen und traue ich mich deswegen nicht raus? Hier wäre wichtig, dass es nicht zu schnell zu einer Ver- oder Beurteilung kommt, wenn jemand auffällig ist oder den Erwartungen nicht entspricht. Zu einer barrierefreien und vielfältigen Welt gehört es auch, dass wir Toleranz und Empathie zeigen.“ Im nächsten Schritt des Projektes #barrierefreiesLeben sollen die Ergebnisse der Alltags-Tests mit Entscheidungsträgern besprochen werden, um konkrete Maßnahmen zu planen. „Wir möchten durch Dialog und Zusammenarbeit eine echte, nachhaltige Veränderung in Duisburg erreichen“, unterstreicht Ines Bluhmki.
Über die Lebenshilfe Duisburg
Die Lebenshilfe Duisburg wurde 1962 aus einer Elterninitiative herausgegründet und organisiert seitdem vielfältige Dienstleistungen und therapeutische Angebote für Kinder, Jugendliche sowie Erwachsene mit und ohne Behinderungen. Die Leistungen orientieren sich dabei an dem Bedarf des jeweiligen Menschen. Mit den Angeboten sollen die Menschen in die Lage versetzt werden, ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen zu können.
Über die Lebens Räume Für Menschen in Duisburg
Die gemeinnützige Gesellschaft Lebens Räume Für Menschen in Duisburg gGmbH fördert seit über 40 Jahren das selbständige Wohnen und selbstbestimmte Leben von Menschen mit Behinderung. Die Kernaufgabe besteht darin, Menschen mit Beeinträchtigungen in ihren Interessen zu stärken und Selbstbestimmung und Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen. So bieten die LebensRäume Unterstützung im Wohnen und individuelle Beratung im Rahmen der Eingliederungshilfe an. An sieben Standorten im gesamten Duisburger Stadtgebiet erbringen sie Leistungen in besonderen Wohnformen für 178 Menschen mit Behinderung. Darüber hinaus wird Ambulant Betreutes Wohnen sowie eine Form des Intensiv Betreuten Wohnens angeboten.
Über Duisburger Werkstatt
Die Duisburger Werkstatt für Menschen mit Behinderung gGmbH wurde im Jahr 1973 von der Stadt Duisburg, der Lebenshilfe Duisburg e.V. und dem Verein für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Duisburg e.V. gegründet. Ihr zentraler Auftrag ist die berufliche Rehabilitation und Integration von Menschen mit Behinderung. Mit Konzepten wie dem Café/Restaurant „Ziegenpeter am Rheinpark“, dem „AV Concept Store“ und der „Fahrradwerkstatt“ fördert und unterstützt die Duisburger Werkstatt u. a. gesellschaftliche Teilhabe und Inklusion.
Ansprechpartner für die Presse




Jennifer Middelkamp
Pressesprecherin
Regionalgeschäftsführung Kreise Borken | Kleve



