
Kalender
Unternehmertage und -treffen, Seminare, Arbeitskreise, Business Breaks oder Netzwerkveranstaltungen – die nächsten Termine des Unternehmerverbandes sind hier aufgelistet.
Weiterlesen350 hauptamtliche und 350 ehrenamtliche „Beschäftigte“ – wie bekommt man diese unternehmerisch, als Team und koordiniert unter einen Hut? Dr. Kerstin Adolf-Wright beantwortet diese Frage täglich: Sie ist seit fast einem Jahr Vorständin des DRK-Kreisverbandes Münster e.V. „Die Motivation, für das Deutsche Rote Kreuz zu arbeiten, egal ob haupt- oder ehrenamtlich, ist sehr ähnlich gelagert: Es ist eine hohe Identifikation mit uns als großer Hilfsorganisation und anerkanntem Wohlfahrtsverband in Deutschland. Es ist die Möglichkeit, unmittelbar für das Gemeinwohl zu arbeiten. Und es ist großer Stolz, für eine Gemeinschaft zu arbeiten, die weltweit Gutes tut.“
Zugleich ist es ein Spagat. „Das Ehrenamt will und hat eine hohe Eigenständigkeit und arbeitet völlig unentgeltlich“, beschreibt die Vorständin. Für einen Einsatz im Katastrophenschutz sei es beispielsweise aber erforderlich, über mehrere Monate an den Wochenenden bestimmte Ausbildungen zu absolvieren und danach regelmäßig aufzufrischen. „Die Anforderungen an die Qualität dieser aufwändigen Schulungen sind hoch, zugleich sind sie für die Teilnehmenden selbstverständlich kostenlos“, so Adolf-Wright. Um dem Anspruch an Professionalität und der Vielfalt der Herausforderungen gerecht zu werden, leistet sich der DRK-Kreisverband Münster deshalb auch eine Stabsstelle „Ehrenamtskoordination“.
Tausende Stakeholder
Und wäre das nicht Aufgabe genug, gilt es, mehrere tausend weiterer „Stakeholder“ im Blick zu halten: 5.500 Fördermitglieder, mehrere tausend Klientinnen und Klienten sowie ihre Angehörigen oder die derzeit 650 Freiwilligendienstleistenden im FSJ und BFD. „Das DRK ist Hilfsorganisation und Wohlfahrtsverband in einem – da kommen sehr vielfältige Angebote und Zielgruppen zusammen.“ Dr. Kerstin Adolf-Wright beginnt eine lange Aufzählung: Ältere, pflegebedürftige und demenzkranke Menschen, autistische, hochbegabte, kognitiv eingeschränkte und zu betreuende Kinder und Jugendliche, Opfer sexueller Gewalt, Eltern, Menschen mit Migrationsgeschichte, Geflüchtete und Vermisste… „Und nicht zuletzt alle Münsteranerinnen und Münsteraner. Für die Bürgerinnen und Bürger sind wir quasi täglich und das ganze Jahr über in der Stadtgesellschaft sichtbar – ob als Sanitätsteam im Karneval, als pädagogische Fachkraft in einer unserer neun Kitas, als Einsatzkräfte im Katastrophenschutz beim Starkregen oder bei Evakuierungen während Bombenentschärfungen, in der Altenpflege und Betreuung, mit unserer Hundestaffel beim Mantrailing, bei der Blutspende, in der Sozialarbeit oder im Kleiderladen.“
Ehrenamtliche als Teil einer starken Gemeinschaft gesucht
Diese beiden Aspekte, Vielfältigkeit der Aufgaben und Sichtbarkeit in der Stadt, helfen laut Vorständin, ehrenamtlich engagierte Menschen zu gewinnen. „Generell wird das eigentlich schwieriger, weil der Alltag mit Job, Familie und Hobbies häufig schon sehr eng getaktet ist.“ Unermüdlich aber rührt sie die Werbetrommel: „Jede und jeder kann Teil unserer starken Gemeinschaft werden – sogar unter 16 Jahren, dann beim Jugendrotkreuz. Wir legen Wert auf Zusammenhalt und die Pflege des Miteinanders, denn: Menschlichkeit wird bei uns groß geschrieben.“ Dies ist auch das wesentliche persönliche Motiv für die 43-Jährige, die von Haus aus Betriebswirtin und Pädagogin ist und sich bewusst für die Sozialwirtschaft entschieden hat: „Ich möchte sinnstiftend arbeiten. Das war bei meinen vorherigen Stationen bei einem Bildungsträger und der Lebenshilfe Mönchengladbach schon so. Hier beim DRK aber eben noch dazu extrem vielfältig.“ Weiteres Argument für den neuen Arbeitgeber war, dass es keine konfessionelle Bindung gibt wie bei Diakonie oder Caritas. Wobei Adolf Wright schmunzelnd einschränkt: „Dabei haben wir unseren Verwaltungssitz ausgerechnet in einer profanierten Kirche.“
Das denkmalgeschützte Gebäude am Cheruskerring ist Hauptsitz des DRK-Kreisverbandes; zwei Ortsvereine und 21 weitere Standorte sind auf dem gesamten Stadtgebiet verteilt, teils mit großem Fuhrpark vom Rettungswagen bis zum LKW. Spektakulär wurde die Kirche einst von einer Medienagentur mit gläsernen Büros bis unter die Decke umgebaut, der ehemalige Altarraum dient heute als Forum für Versammlungen und Vorträge. „Zudem gibt es im Anbau Tagungsräume, z. B. für Erste-Hilfe-Kurse oder Team-Schulungen“, ergänzt Nina Heckmann, beim DRK in der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising tätig.
Insgesamt sieben Geschäftsbereiche (s. Kasten) drehen sich um die bekannten – aber auch weniger bekannten – Dienstleistungen des DRK. Die „Ärztliche Kinderschutzambulanz Münster“ etwa ist eher ein ungewöhnliches Arbeitsfeld für das DRK, dabei greift es drei der Rotkreuz-Grundsätze auf: Menschlichkeit, Unparteilichkeit und Neutralität. Zu Recht stolz ist das DRK Münster deshalb auf die Kinderschutzambulanz, die gerade ihren 30. Geburtstag gefeiert hat. 1992 initiiert und seither stets begleitet vom Jugendamt sowie den Münsteraner Kinderkliniken und heute gefördert von Land und Stadt, stehen hier Opfer von Kindesmisshandlung im Fokus. „Wir setzen mit großer Expertise und multiprofessionell sowohl therapeutisch als auch sozialarbeiterisch an. Denn es ist erwiesen, dass fast niemand zum Täter wird, ohne vorher selbst Opfer gewesen zu sein“, erläutert Adolf-Wright. Deshalb stehen seit jeher auch sexuellübergriffige Kinder und Jugendliche selbst, wie auch ihre Familien, im Zentrum der Arbeit.
Ergänzend zu dieser Kinderschutzambulanz, die rund 400 Fälle im Jahr hat, koordiniert das DRK seit über 20 Jahren auch die „Clearingstelle Kinderschutz“. Hier geht es um schnelle Reaktion, wenn Verdachtsmomente für eine Kindesmisshandlung vorliegen. Diese werden dann im Team aus Polizei, Jugend- und Gesundheitsamt, Familiengericht und DRK kurzfristig eingeschätzt und situationsgerecht weitergegeben.
Rund um Kinder dreht sich auch der größte Bereich beim DRK: die Kindertagesbetreuung. „In neun Kitas und einer Großtagespflege betreuen 250 Beschäftigte rund 1.000 Kinder“, so Heckmann. Darüber hinaus hebt sie den Kleiderladen hervor. Dort bringen sich rund 50 ehrenamtlich Aktive unterschiedlichen Alters ein, die die Second-Hand-Mode sortieren, auszeichnen und verkaufen. „Wir haben das bewusst wie einen richtigen Modeladen mit Umkleidekabine & Co. gestaltet, damit dies ein ganz normales Einkaufserlebnis ist. Dazu gehört auch, dass nichts verschenkt wird, sondern alles einen Preis hat, in der Regel zwischen ein bis fünf Euro“, erzählt Heckmann. Mit den Erlösen aus dem gut laufenden Kleiderladen – dieser ist einer der wenigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe des DRK – wird ein anderes Angebot des DRK mitfinanziert: Der Jugendtreff in Coerde, einem Stadtteil mit besonderen Herausforderungen.
Großes Einsatzgebiet für das DRK ist nicht zuletzt der Bevölkerungsschutz, Beispiele sind Groß-Veranstaltungen wie Send oder Marathon, aber auch die Katastrophenhilfe. „In der DNA vieler Ehrenamtlicher liegt es, z. B. bei Hochwasser anderen Betroffenen bis zur eigenen Erschöpfung zu helfen und sich dann erst den eigenen Keller vorzunehmen“, berichten die beiden DRK-Vertreterinnen stolz. Zugleich bringe dieser bedingungslose Einsatz auch Akzeptanz-Probleme mit sich: „Wer die ganze Nacht freiwillig geholfen hat, ist am nächsten Tag im Haupt-Job sicher nicht ganz bei der Sache“, so Adolf-Wright. Auch aus diesen Gründen sei ein solch zeitaufwändiges Ehrenamt bei Helfenden, aber sicher auch bei den Arbeitgebern, heute alles andere als selbstverständlich.
Mit Blick in die Zukunft geht es bei vielen Themen stets um zwei wesentliche Dinge: die gesicherte (Re)Finanzierung und zusätzliches Personal – welches auch in der Studienstadt Münster nicht vom Himmel fällt.Auch hier nennt Dr. Kerstin Adolf- Wright das Beispiel der Kinderschutzambulanz: „Unsere Arbeit könnten wir noch ausweiten, um einerseits die Wartezeiten auf einen Therapieplatz zu verkürzen und andererseits mehr Fachberatung für Mitarbeitende in Kitas, Schulen und anderen Jugendeinrichtungen anbieten zu können.“ Mit Respekt blickt sie deshalb auch auf, durch aktuelle Tarifrunden angeheizte, künftige Gehaltsforderungen, „schon jetzt sind einige unserer Angebote finanziell nicht auskömmlich, etwa das Beratungsangebot im Arbeitsbereich Migration“. Mit steigenden Gehältern, so die Forderung der Vorständin, müsse sich auch die Refinanzierung erhöhen. Um hier etwas zu erreichen, sucht sie selbst den Weg in die Gremien von Kommune und Politik, bindet Entscheider über das Präsidium in ihre Prozesse und Notwendigkeiten ein. „Wir können viel bewirken. Es bleibt aber ein permanentes Ringen, unsere Konzepte und Projekte mit den nötigen Mitteln auszustatten und zum Wohle der Menschen umzusetzen.“
Autorin: Jennifer Middelkamp
Wir nutzen Cookies auf dieser Webseite. Einige von ihnen sind essenziell, während andere uns helfen, diese Website für Sie optimal zu gestalten und weiter zu verbessern.