Neue Bürokratie durch das Gleichbehandlungsgesetz

Kommentar

 

Die Bundesregierung hat entsprechend den Vorgaben der europäischen Union (Antidiskriminierungsrichtlinien) das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz beschlossen. Seit dem 18. August ist es nun in Kraft und schafft neue Risiken für Unternehmen.

 

von Wolfgang Schmitz

Das Versprechen im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD, man werde die EU-Antidiskriminierungsrichtlinien eins zu eins umsetzen, wurde klar gebrochen. Auch die UnternehmerverbandsGruppe hatte sich dafür eingesetzt, den noch aus der rotgrünen Regierungszeit stammenden Entwurf des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu entschärfen und sich auf die zugrunde liegenden EU-Richtlinien zu besinnen. Stattdessen werden nun in Deutschland statt der europaweit geltenden drei Diskriminierungsmerkmale weitere fünf eingeführt. 

BEDEUTUNG Es wird ein umfassender Diskriminierungsschutz geschaffen. Er sieht vor, dass im Arbeits- und Geschäftsleben niemand aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion und Weltanschauung, wegen einer Behinderung, wegen des Alters oder wegen der sexuellen Identität diskriminiert werden darf. Allein die Aufzählung der verschiedenen auslegungsbedürftigen Begriffe zeigt, welches Potenzial an Verunsicherung hier schlummert. Was bedeutet das für das Leben in einem Unternehmen? Wenn man genau hinsieht, kommt ein Wust an Haftungsrisiken und weiterer Bürokratie auf die Unternehmen zu. Das AGG wird sich von der Bewerbersuche (Formulierung der Stellenausschreibung) über die Einstellung (Einstellungstest, Assessment-Center, Fragebogen) in den Verlauf des Arbeitsverhältnisses schleichen (Beförderungen, Versetzungen, Arbeitsverträge, Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge) und schließlich auch bei einer Beendigung oder Veränderung der arbeitsvertraglichen Inhalte zu beachten sein. 

RECHTSPRECHUNG Allein die Tatsache, dass das Gesetz die umfangreiche Unterrichtung und Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlangt sowie Stellen in den Unternehmen (Beschwerdestellen) eingerichtet werden müssen, zeigt, wie viel Aufwand im betrieblichen Alltag hier produziert wird. Die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes kann man getrost in Frage stellen: Im Bereich der ca. 700 Mitglieder der UnternehmerverbandsGruppe Ruhr-Niederrhein wurden die bisher bereits vorhandenen Vorschriften (im Bürgerlichen Gesetzbuch, Sozialgesetzbuch etc.) beachtet. Im Klartext: Es gab in den letzten Jahren keine Beschwerde- oder Klagefälle wegen Diskriminierung. Trotzdem sollen sich die Unternehmen und Betriebe jetzt auf völlig neue Spielregeln einstellen. Dabei hilft auch der Hinweis wenig, dass in anderen europäischen Ländern, insbesondere aber in den USA, entsprechende Vorschriften bereits jetzt zum betrieblichen Alltag gehören. Die Rechtssprechung der Gerichte anderer europäischer Staaten, des europäischen Gerichtshofes und der USA zeigen sehr deutlich, dass ein völlig anderes, erheblich weitreichenderes Verständnis des Diskriminierungsschutzes gewollt ist. 

UNSICHERHEIT Es kann deshalb auch in Deutschland nicht ausgeschlossen werden, dass eine „gut geschmierte“ (so die Frankfurter Allgemeine Zeitung) Prozessindustrie „wie in den USA“ versuchen wird, auch deutsche Unternehmen mit Schadensersatz- und Entschädigungsklagen wegen vermeintlicher Benachteiligung zu überziehen. Erste Hinweise darauf gibt es bereits. Es bliebt allerdings zu hoffen, dass die deutschen Gerichte hier nicht mitspielen werden. Die verbliebene Unsicherheit geht ausschließlich zu Lasten der Unternehmen, denn man darf aus heutiger Sicht daran zweifeln, dass die deutsche Gerichtsbarkeit diese Meinung übernehmen wird. 

Fazit: Die Unternehmen werden mit dem Gesetz umgehen müssen. Dabei hilft sicher eine ausreichende Sachlichkeit, ein gutes Augenmaß und gesunder Menschenverstand. Dann könnten sich einige Befürchtungen vielleicht doch noch als unbegründet herausstellen. 

(erschienen im Wirtschaftsmagazin-Ruhr, Ausgabe September-Oktober 2006)

 

Wolfgang Schmitz
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